Jahresgabe

Meik Systermann

Fiona Connor

So sehr ich Fiona Connor und ihre Arbeit auch schätze, möchte ich sie doch lieber nicht zur Nachbarin haben. Zum einen ist sie ein Workaholic, und ich fürchte, dass jede Begegnung mit ihr mich unter Druck setzen würde, selbst produktiver zu werden. Dabei ist es noch nicht einmal ihre Produktivität, die mir Sorge bereitet, sondern vielmehr ihre sorgfältige, fast schon inquisitive Praxis. Connor findet ständig Missachtetes, Ignoriertes und Übersehenes, sie zeichnet es auf und bringt es ans Licht. Lebte sie in meiner Nähe, ich könnte mir sicher sein, dass sie zu viel über mich weiß: Ein frischer Kratzer an meiner Tür, die Position meiner Jalousien, wie schlampig ich geparkt habe, eine sonnenhungrige Pflanze in meinem Fenster – nichts davon würde ihr entgehen, und all dies würde viel zu viel über meine emotionale Verfassung preisgeben.
Wie es ihre Art ist, war Fiona natürlich bereits in Düsseldorf und hat sich jede Ecke der Altstadt angesehen. Für ihre Ausstellung im Kunstverein Düsseldorf hat sie sich ein neues Alphabet ausgedacht, dessen Buchstaben auf Dingen im und um das Gebäude basieren: Fahrstühle, Umzugskartons, Ladenschilder, Hausnummern, U-Bahnhöfe, Graffitis und Texte, die andere übersehen hätten. Auf Postern werden die Zeichen des Alphabets abgebildet – Großbuchstaben, Kleinbuchstaben und Ziffern – und jedes Zeichen hat seinen eigenen Stempel bekommen. Neben diesem uneinheitlichen Archiv-Alphabet wird der Ausstellungsraum mit Interventionen aktiviert – sowohl von Besucher:innen, als auch von Gästen aus dem nahegelegenen Berufsförderungswerk der Bauindustrie.
Für ihre Jahresgabe erstellt Connor aus ihren Alphabetstempeln zwei neue Drucke mit den Namen der beiden Maurer:innenlehrlinge, die zur Ausstellung beigetragen haben. Namen werden so zu Bildern oder gar Ikonen und spiegeln den Mehrwert, den der Name eines:r Künstler:in generiert. Wie immer bei Connor, findet unsichtbare Arbeit auf diese Weise Anerkennung und Künstler:innenposen werden demystifiziert. Während das Ausgangsmaterial für diese Arbeiten auf der Hand liegt, mischt Connor die Karten bei dieser Gelegenheit neu, sodass aus zufälligen Anordnungen heraus neue Zeichen und Verbindungen entstehen. Connor, die hier einmal mehr als urbane Archäologin und Rekonstrukteurin auftritt, fängt in ihrer Arbeit das Chaos der Stadt mit einer Absurdität und Leichtfüßigkeit ein, die solch einer strengen Praxis für gewöhnlich fremd ist. Auch wenn sich nicht alle von uns für farbenfrohe abstrakte Malerei entschieden haben, glaube ich doch, dass Fiona Spaß daran hat.
– Adam Stamp

Der Verkaufspreis entspricht einem Tagessatz ausgebildeter Maurer:innen. Der Künstler:innen-Anteil wird bei Verkauf der Jahresgaben an die Auszubildenden weitergegeben.